Planetenweg: Merkur

Text: Jürgen Volpp, Starkenburg-Sternwarte e.V.

Geschichtliches

Merkur ist mindestens seit dem 3. Jahrtausend v. Chr. bekannt. Die Griechen der Antike gaben ihm zwei Namen, wissend, dass es sich um ein und denselben Planeten handelte: Apollo, wenn er morgens vor Sonnenaufgang zu sehen war, und Hermes, wenn er in der Abenddämmerung der Sonne nacheilte. Wegen seiner schnellen Bewegung am Himmel galt er als der geflügelte Götterbote: Hermes bei den Griechen und Mercurius bei den Römern. Sein astronomisches Symbol ist ☿.

Beobachtungen von der Erde

Merkur, der innerste Planet des Sonnensystems, ist von der Erde schwierig zu beobachten. Er hält sich immer nahe an der Sonne auf. Von der Erde aus gesehen ist sein Winkelabstand zur Sonne maximal 28 Grad, so dass er nur 1 Stunde vor Sonnenaufgang oder 1 Stunde nach Sonnenuntergang in der Dämmerung zu sehen ist. Wegen der Horizontnähe lassen sich auch mit guten Teleskopen kaum markante Merkmale auf seiner Oberflächen erkennen. Merkur gehört zu den am wenigsten erforschten Planeten. Oberflächendetails und seine Rotationsperiode konnten erst mit starken, erdgebundenen Radaranlagen grob ermittelt werden.

Orbit und Himmelsmechanik

Merkur ist der sonnennächste und schnellste Planet. Ein Umlauf dauert nur 88 Tage. Die Bahnebene ist mit 7° am stärksten von allen Planeten gegen die Ekliptik geneigt. Er hat eine ausgeprägte elliptische Bahn um die Sonne mit einer 58 Mio. km großen Halbachse. Die Abstände zur Sonne ändern sich während eines Umlaufs beträchtlich, zwischen 46 Mio. km im Perihel und 70 Mio. km im Aphel. Die sich stark ändernde Sonneneinstrahlung verursacht Jahreszeiten.

Die hohe Exzentrizität der Bahn (ε = 0,206) half am Anfang des 20. Jahrhunderts ein Rätsel zu lösen und lieferte gleichzeitig eine schöne Bestätigung für Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie. Die Bahnellipse ist nicht ortsfest im Raum (Abb. 1), sondern dreht sich langsam um 5,74“ (Bogensekunden) pro Jahr. Man nennt dies Periheldrehung. Mit der klassischen Mechanik von Newton konnte man nur eine Drehung von 5,32“ pro Jahr erklären. Es wurde ein noch unentdeckter, sonnennaher Planet vermutet, der die Störung verursachte. Man hatte ihm auch schon den Namen Vulkan gegeben. Erst die Allgemeine Relativitätstheorie lieferte die Erklärung für die fehlenden 0,43“/Jahr. Eine komplette Periheldrehung dauert übrigens 225.000 Jahre.

Periheldrehung der Merkurbahn

Abb. 1:  Drehung des Merkurperihels stark übertrieben. Zwischen den benachbarten Bahnen liegen 58.000 Umläufe. (Quelle: Mrmw in Wikimedia)

Rotation

Merkurs Rotationsachse steht senkrecht auf seiner Bahnebene. Danach hätte er keine Jahreszeiten, wenn sich sein Sonnenabstand während eines Umlaufes nicht so stark ändern würde (s. oben). Man fand erst 1965, dass seine siderische Rotation in einem 2:3 Verhältnis zu seiner Umlaufperiode steht:

3 Umdrehungen (a 58,6 Tage) dauern genau so lang wie 2 Umläufe um die Sonne (a 88 Tage). Dies hat zur Folge, dass die Sonne im Perihel abwechselnd über dem Calorisbecken am 180. Längengrad oder auf der gegenüberliegenden Seite im Nullmeridian im Zenit steht. Man vermutet unter dem Calorisbecken („heiße“ Tiefebene) eine Massekonzentration, an der die Gezeitenkräfte der Sonne ansetzten und die vermutlich einst schnellere Rotation abbremsten. Eine weitere Besonderheit: Die hohe Bahngeschwindigkeit im Perihelbereich hat eine höhere Winkelgeschwindigkeit als die Planetenrotation. Die Sonne vollführt dann eine rückläufige Schleifenbewegung am Merkurhimmel.

Größe und Aufbau

Der Gesteinsplanet Merkur ist der kleinste Planet im Sonnensystem. Mit dem Durchmesser von 4.880 km hat er nur 5,5% der Erdmasse (Abb. 2). Er ist nur wenig größer als der Erdmond, aber seine mittlere Dichte von 5,4 g/cm3 ist fast so groß wie die der Erde. Dies ist für einen so kleinen Planeten ungewöhnlich. Vieles deutet darauf hin, dass er einen relativ großen (ca. 4.100 km) Eisen-Nickel-Kern hat. Gesteinsmantel und Kruste tragen nur zu ca. 30% der Masse bei. Bei der Erde sind es 62%. Die Ursache für den hohen Eisengehalt ist nicht geklärt. Merkur hat auch keinen Mond. Eine interessante Hypothese ist, dass Merkur selbst einmal ein Mond der Venus war.

 

Abb. 2:  Größenvergleich Merkur – Erde (NASA/APL/Messenger)

 

Oberfläche

Die Oberfläche ähnelt der des Erdmonds, ist aber gleichmäßiger mit Kratern übersäht. Wir kennen Details aus Vorbeiflügen von zwei Raumsonden der NASA, Mariner 10 und Messenger. Die Abwesenheit von Erosion hat die Einschlagsstrukturen seit ihrer Entstehung erhalten (Abb. 3). Aus der Kraterzahl pro Fläche schließt man auf ein Alter zwischen 4 und 4,5 Mrd. Jahren. Plattentektonik scheint es nicht zu geben. Mehrere Hundert Kilometer lange Steilstufen bis 2 km Höhe werden mit dem Schrumpfungsprozess bei der Abkühlung von 3,8 Mrd. Jahren erklärt. Ein 1550 km großes kreisförmiges Becken, Caloris Planitia, liegt nördlich des Äquators. Es wurde vermutlich durch den Einschlag eines 100 km großen Asteroiden erzeugt und füllte sich anschließend mit Lava. Das sehr dunkle, poröse Gestein reflektiert im Durchschnitt nur zu 6% das Sonnenlicht. Merkur ist noch dunkler als der Mond.

Die Oberflächentemperatur reicht von -173 °C an den Polen bis +430 °C auf der Sonnenseite. An den Polen ist das Kraterinnere immer im Schatten. Ergebnisse von Radarmessungen lassen die Möglichkeit zu, dass dort noch Reste von Wasser konserviert sind.

Abb. 3:  Merkurs Oberfläche; das Einschlagsbecken Caloris Planitia in der linken oberen Hälfte (PIA15162-NASA/Messenger)

 

Atmosphäre und Magnetfeld

Der Merkur hat erstaunlicherweise eine Magnetosphäre. Sein Magnetfeld ist 1% so stark wie das der Erde und bietet deswegen nur einen schwachen Schutz vor dem Sonnenwind. Dieser dringt oft auf der sonnenzugewandten Seite bis zur Oberfläche durch. Merkurs geringe Anziehungskraft kombiniert mit den hohen Temperaturen und der zerstörenden Wirkung des Sonnenwinds ließ keine Atmosphäre entstehen. So konnten auch kleinere Asteroide ungehindert auf der Oberfläche einschlagen. Die vorhandene Gashülle (Exosphäre) ist dünner als das beste Vakuum in einem Labor auf der Erde.

Erforschung durch Raumsonden

Missionen zum Merkur sind sehr schwierig. Da die Sonde sich der Sonne nähert, nimmt sie Energie auf und wird schneller, sie fällt gewissermaßen zur Sonne. Ohne sie stark abzubremsen, würde die Sonde am Merkur vorbeifallen, ohne von seinem schwachen Gravitationsfeld eingefangen zu werden. Das Abbremsen erreicht man durch geschickte Vorbeiflüge an Planten (Erde, Venus und Merkur), sogenannte Swing-by-Manöver. Am Merkur muss eine Raumsonde mit 250 °C hohen Temperaturen zurechtkommen: der extremen Sonneneinstrahlung auf der einen Seite und der Rückstrahlung der bis zu 430 °C heißen Merkuroberfläche auf der gegenüberliegenden Seite. Eine sichere Lagereglung ist nötig, damit die überschüssige Wärme in den Weltraum abgestrahlt werden kann.

Nach drei Vorbeiflügen der Mariner 10 Sonde (NASA) in den 1970er Jahren kartographierte 2011-15 Messenger (NASA) mit seinem Radar die Oberfläche. Die europäische (ESA) und japanische (JAXA) Raumfahrtagentur schickten 2018 die Sonde Bepi Colombo auf den Weg zum Merkur. Bepi Colombo hat ein Ionentriebwerk. Um sich abzubremsen und die Bahnebene leicht zu neigen, benötigt die Sonde insgesamt 9 Swing-by-Manöver: eines an der Erde, zwei an der Venus und sechs am Merkur selbst. Das Einschwenken in den Merkurorbit ist für 2025 geplant. Dann wird der mitgebrachte japanische Teil, Mercury Magnetospheric Orbiter, vom Mutterschiff getrennt. Sein Forschungsgebiet ist die Magnetosphäre und der Sonnenwind. Der europäische Mercury Planetary Orbiter wird die Topographie, die Rotation, das Schwerefeld und die Exosphäre präzise vermessen. Die Quelle des Magnetfeldes sind entweder die erstarrten Ferromagnetite oder ein noch flüssiges Inneres. Dies hofft man durch kleine Schwankungen in der Rotationsperiode erkennen zu können.

Quellen und weiterführende Informationen

https://de.wikipedia.org/wiki/Merkur_%28Planet%29

https://de.wikipedia.org/wiki/BepiColombo

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